Historie
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Die Geschichte des Querschnittgelähmtenzentrums der Orthopädischen Klinik der Universität Ulm
Von Prof. Dr. Reinhardt Rüdel
Der Autor Prof. Dr. Rüdel (rechts) im Gespräch mit Dr. Kalke.
Vom 17. bis zum 20. Mai 2017 fand im Congress Centrum Ulm die 30. Jahrestagung der Deutschsprachigen Medizinischen Gesellschaft für Paraplegie (DMGP) statt, ausgerichtet von Dr. Yorck-Bernhard Kalke, MBA, dem Sektionsleiter des Querschnittgelähmtenzentrums der Orthopädischen Universitätsklinik in den RKU – Universitäts- und Rehabilitationskliniken Ulm. Dieser Höhepunkt für das Zentrum war Anlass für die Rekapitulation der Geschichte dieses Zentrums. Zu Beginn dieses Berichts soll kurz auf die Geschichte der Institutionen eingegangen werden, in die das Zentrum eingebaut ist. Dabei stammen die folgenden Informationen über die Gründung der Universität der Schrift „Sag niemals nie!“ (1), und die über die Entstehung des Rehabilitationskrankenhauses Ulm einem Rechenschaftsbericht (2) sowie der Festschrift anlässlich der Emeritierung des ersten ärztlichen Direktors des RKU, Prof. Dr. Wolfhart Puhl, im Jahre 2004 (3).
Das von Anfang an mitkonzipierte Querschnittgelähmtenzentrum wurde erst 1988 unter Oberarzt Dr. Patrick Kluger voll in Betrieb genommen. Seine Beschreibung stammt im Wesentlichen aus der Feder von Dr. Yorck-Bernhard Kalke, dem derzeitigen Leiter des Zentrums (in 3). Einen sehr rührigen Förderkreis des Querschnittgelähmtenzentrums gibt es inzwischen auch (www.fgqzulm.de); er betreibt einen monatlichen Stammtisch für Querschnittgelähmte, Angehörige und Interessierte.
Die Etablierung von Universität und Rehabilitationskrankenhaus in Ulm
Die Universität Ulm war die letzte der vielen Hochschulen, die im Gefolge des 2. Weltkriegs in der Bundesrepublik Deutschland gegründet wurden. Bei ihrer feierlichen Inauguration am 25. Februar 1967 hatte sie die Bezeichnung „Medizinisch-Naturwissenschaftliche Hochschule“, der Titel „Universität“ wurde ihr erst etwas später, am 4. Juli desselben Jahres, verliehen.
Bei der Gründung hatte die neue Hochschule gerade drei Fakultäten: für Theoretische Medizin, für Klinische Medizin und für Naturwissenschaften. Der Schwerpunkt lag ganz auf den beiden Medizinischen Fakultäten, die gemäß einem Reformkonzept des Gründungsrektors Prof. Dr. Ludwig Heilmeyer mit parallelen Lehrstühlen ganz modern gestaltet werden sollten. Bei der Gründungsfeier war jeweils nur ein Lehrstuhl für Klinische Physiologie, Anatomie, Psychosomatik, Innere Medizin, Gynäkologie und Neurologie besetzt. In den Naturwissenschaften war das allein für das Fach Physikalische Chemie der Fall. Es fehlten also aus allen Fakultäten noch die Vertreter wichtiger Gebiete, in der Klinischen Medizin waren insbesondere die Chirurgischen Fächer noch nicht vertreten. Um hier einen Anfang zu setzen, wurde 1969 ein Lehrstuhl für Chirurgie und Traumatologie für den namhaften Schweizer Unfallchirurgen Caius Burri geschaffen und ihm der Auftrag gegeben, die zukünftige Chirurgische Klinik mit einer speziellen Einrichtung für Unfallchirurgie aufzubauen. Der Gründungsrektor äußerte zusätzlich den dezidierten Wunsch nach „Errichtung einer Nachsorgeklinik für Unfallgeschädigte in Form eines chirurgisch-orthopädischen Rehabilitationszentrums“.
Der Bau eines Rehabilitationskrankenhauses für Patienten mit Schäden an Bewegungs- und Haltungsorganen und für Patienten, die „nach einer Erstbehandlung klinischer Rehabilitation bedurften“, entsprach nicht nur den Wünschen der Ulmer Universitätsspitze, diese Idee war damals allgemein im Schwange bei Politikern von Bund, Land und Gemeinden, so auch in Ulm. Die „medizinische und berufliche Rehabilitation von Querschnittgelähmten“ wurde explizit als Aufgabe einer Ulmer Rehabilitationsklinik gefordert; auch sollten dort Behinderte betreut werden, die wegen der Absicht einer beruflichen Wiedereingliederung einer exakten Beurteilung ihres positiven Leistungsbildes bedürfen. Für diese sollten deswegen therapeutische und berufliche Maßnahmen angeboten werden.
Insbesondere setzte sich der Oberbürgermeister der Stadt Ulm, Dr. rer. pol. Hans Lorenser, nachdrücklich dafür ein, dass ein derartiger Bau auf dem Ulmer Eselsberg, nahe beim Bundeswehrkrankenhaus, errichtet werde. Ein Arbeitskreis unter Federführung der Stadtverwaltung Ulm erarbeitete also mit Vertretern der ebenfalls sehr engagierten „Stiftung Rehabilitation Heidelberg“, der Universität Ulm, der Landesversicherungsanstalt Württemberg, der Berufsgenossenschaften und des Landesarbeitsamtes Baden-Württemberg ein Konzept für dieses Haus, übrigens ganz gemäß einem damaligen Aktionsprogramm der Bundesregierung zur Rehabilitation Behinderter. Auch das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung war in diese Planung intensiv einbezogen. Ein Hauptziel der Planung war, das „Rehabilitationskrankenhaus Ulm (RKU)“ so zu konzipieren, dass auch ein Wachstum der Rehabilitationsmedizin gewährleistet sei.
Ein essentielles Problem bei der Realisierung eines so anspruchs- vollen Programmes ist natürlich die Gesellschaftsform und die Finanzierung. Dafür gründete Lorenser, der 1982 / 83 auch als Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) fungierte, für das neue Haus eine gemeinnützige GmbH, die zu je 50 % von der Stadt Ulm und von der Stiftung Rehabilitation Heidelberg getragen wurde. Im Jahr 1980 fand der erste Spatenstich statt, 1982 war Richtfest, 1984 konnte das Krankenhaus seinen Betrieb voll aufnehmen. Lorenser leitete übrigens den Betrieb des RKU in den ersten Jahren als ehrenamtlicher Geschäftsführer. Er erhielt für seinen so unermüdlichen Einsatz 1984 die Ehrenbürgerschaft der Stadt und 1987 die Würde eines Dr. med. h.c. von der Universität Ulm.
Von Anfang an enthielt das neue Krankenhaus auf dem Ulmer Eselsberg eine Orthopädische Abteilung, eine Neurologische Abteilung, eine Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin sowie eine Abteilung für die Medizinisch-berufliche Rehabilitation (AHB). Es entsprach so nicht nur der akuten Nachfrage an gemeindenaher stationärer Krankenversorgung, sondern auch dem Bedarf des Ulmer Universitätsklinikums nach orthopädischen und nach neurologischen Betten. Seine leitenden ärzte, so wurde festgelegt, sollten Mitglieder der Klinischen Fakultät sein und die Studierenden der Medizin in ihren jeweiligen Disziplinen ausbilden. Der Unterricht in den orthopädischen Fächern war bis zu diesem Zeitpunkt noch an der Augsburger Hessing-Klinik unter Prof. Walter Mohing abgehalten worden.
Als die Stiftung Rehabilitation Heidelberg sich 1987 aus der Trägerschaft des RKU zurückzog, entschied sich die Stadt Ulm für die Sana Kliniken-GmbH als neuen Mitgesellschafter. Mit der Erlangung der Rechtsfähigkeit übernahm 2006 das Universitätsklinikum Ulm die Geschäftsanteile der Stadt, so dass Sana und Klinikum sich jetzt die Gesellschafteranteile hälftig teilen. Den Geschäftsführer stellt seit 1987 ununterbrochen die Sana-GmbH. Seit 2007 trägt das Haus den erweiterten Namen „RKU – Universitäts und Rehabilitationskliniken Ulm“.
Ins RKU aufgenommen ist von Beginn an eine orthopädische Werkstätte (Fa. Häussler), welche die Versorgung der Patienten mit Rollstühlen, Prothesen und dergleichen gewährleistet. Zur Unterbringung von Teilnehmern an der Beruflichen Rehabilitation gibt es seit 2004 einen Wohnheimbereich (Internat).
Die Entwicklung des Faches Orthopädie
Nun stand also 1984 ein nagelneues Krankenhaus mit 134 orthopädischen Betten auf dem Eselsberg. Als Leiter, der diese orthopädische Klinik mit Leben erfüllen sollte, wurde Prof. Dr. Wolfhart Puhl aus der Orthopädischen Universitätsklinik in Heidelberg-Schlierbach berufen. Er war dafür bestens qualifiziert; denn an dieser traditionsreichen Anstalt hatte er auch seine wesentliche orthopädische Ausbildung bekommen und die Facharzttitel für Orthopädie, für Rheumatologie und für Physikalische und Rehabilitative Medizin erworben. Seit 1977 war er Leitender Oberarzt und Stellvertreter des Klinikdirektors. Seine Schwerpunkte waren Arthrose, Rheuma, Wirbelsäule, Schmerzzustände und vor allem gelenkerhaltende und gelenkersetzende Operationen mit dem Schwerpunkt Endoprothetik von Hüfte und Knie.
Zusätzlich zum Leiter der Ulmer Orthopädischen Klinik wurde Prof. Puhl auch zum ärztlichen Direktor des gesamten Hauses RKU ernannt. Denn außerdem war dort die Neurologische Universitätsklinik mit 60 Betten und einer Stroke Unit mit sechs Betten unter der Leitung von Prof. Dr. H.H. Kornhuber untergebracht. Dazu kam eine Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin unter Prof. Dr. H.H. Mehrkens mit acht Intensivbetten. Zu diesen drei Kliniken mit insgesamt 232 Betten gesellte sich noch das Querschnittgelähmtenzentrum mit 24 Betten, eine spezielle Orthopädische Schmerztagesklinik mit 8 Maßnahmeplätzen, sowie eine Klinik für Physikalische und rehabilitative Medizin, in der nochmals 48 Betten für die Orthopädie und 14 Betten für die Neurologie zur Verfügung standen. Alle diese Kliniken und Abteilungen teilten sich nicht nur dasselbe Gebäude, es war auch der Betrieb so organisiert, dass leicht eine erwünschte Zusammenarbeit möglich war.
Als eine frühe wichtige Entscheidung setzte Prof. Puhl eingedenk seiner Heidelberger Erfahrung gegen allerhand Widerstand durch, dass das Querschnittgelähmtenzentrum der Orthopädie, und keiner anderen Disziplin, angegliedert wurde. 1988 wurde dann noch neu ein medizinisch-beruflicher Rehabilitationsbereich mit Sonderberufsschule etabliert. Dieser Bereich enthielt nochmals 115 Maßnahmeplätze.
Die Gestaltung der Versorgung Querschnittgelähmter
Das Querschnittgelähmtenzentrum Ulm sollte von Anfang an eine Spezialeinrichtung für die umfassende medizinische Therapie und lebenslange Nachsorge Querschnittgelähmter sein. Orthopädisch werden dort sehr spezielle Operationen an der Wirbelsäule verlangt und auf dieses Spezialgebiet muss ein erfahrener Operateur sich intensiv eingearbeitet haben. Da dieses Können in der Mannschaft der ersten Stunde nicht vorhanden war, beschloss Prof. Puhl sich einen solchen Experten von außen ins Team zu holen. Eine der besten Adressen Europas dafür war damals (und ist heute noch) das Zentrum für Rückenmarksverletzte der Werner-Wicker-Klinik in Bad Wildungen. Und genau von daher holte sich Prof. Puhl 1988 Herrn Dr. Patrick Kluger als Oberarzt und Leiter des Querschnittgelähmtenzentrums ans RKU.
Das starke Pflegeteam um Teamleiter Joachim Bäuerle nimmt bei der Versorgung von Querschnittgelähmten eine wichtige Rolle ein.
Dr. Kluger war ein leidenschaftlicher Operateur und vor allem die Wirbelsäulenchirurgie hatte es ihm angetan. Ende der 1950er Jahre hatte der Amerikaner Dr. Paul Harrison einen Stab aus rostfreiem Stahl erfunden, der, eingesetzt hinten an der Wirbelsäule, Verkrümmungen wie die Skoliose korrigieren sollte. Diese bahnbrechende Operationstechnik hatte in den ersten zwei Jahrzehnten nach ihrer Einführung neben großen Erfolgen auch gravierende Nebenwirkungen, welche z.T. durch die Verwendung von „Fixateuren“, also zusätzlichen Stabilisatoren, vermieden wurden. Neben Dr. Dick aus Basel war Dr. Kluger 1982 der Erfinder des „Fixateur interne“ gewesen und brachte ihn nun auch in Ulm zum Einsatz.
Was nun die Querschnittpatienten anlangt, die nach der Einstellung von Dr. Kluger vermehrt aufgenommen wurden, sind die allermeisten von ihnen auf einen Rollstuhl angewiesen. Auf diese Besonderheit war beim Bau des Krankenhauses nicht genügend Rücksicht genommen worden. So war es eine der ersten Aufgaben von Dr. Kluger, die beiden Querschnittstationen in jeder Hinsicht rollstuhlgerecht einzurichten, was eben nicht nur die Abwesenheit von Schwellen bedeutet, sondern auch tiefer gelegte Tür- und Fenstergriffe, breitere Abstände zwischen den Betten, sowie die rollstuhlfreundliche Ausgestaltung von Turnhalle und Schwimmbad.
Die fachgerechte Behandlung eines Querschnittpatienten nach der Akutphase umfasst insbesondere die Vermeidung von Liegegeschwüren sowie das Eingehen auf die autonomen Schwierigkeiten bei der Ausscheidung von Urin und Stuhlgang. Die dafür nötigen Prinzipien wurden in der zweiten Hälfte der 1940er Jahre im Stoke Mandeville Hospital nahe Oxford (GB) von dem vor den Nazis geflüchteten Neurochirurgen Dr. Ludwig Guttmann erarbeitet. Seither sind diese Prinzipien weltweit anerkannt.
Etwa gleichzeitig mit Dr. Kluger kam aus dem Querschnittgelähmtenzentrum Tübingen Joachim Bäuerle, ein nach den Guttmannschen Prinzipien der Wundbehandlung ausgebildeter Pfleger an das RKU. Er ist seit 1992 Leiter des Pflegeteams des Querschnittgelähmtenzentrums Ulm. Seine Stellvertreterin in der Stationsleitung ist Schwester Theresia Kammerer, die auch für alle neu eingestellten Schwestern und Pfleger Kinästhetik-Trainerin und Pflegeberaterin für Patienten und Angehörige ist.
Im Mai 1995 wechselte ein junger Assistenzarzt, Dr. Yorck-Bernhard Kalke, vom Ulmer Bundeswehrkrankenhaus ins RKU über, um dort die Anerkennung zum Gebietsarzt für Orthopädie zu erwerben. Er wurde Dr. Kluger zur Ausbildung zugewiesen und von diesem gründlich in die Paraplegiologie eingeführt. 1998 erhielt er seinen Facharzttitel. Dr. Kluger schickte den frisch gebackenen Orthopäden zur Vertiefung seiner Ausbildung zu dem aus ägypten stammenden langjährigen Mitarbeiter Guttmanns, Dr. Wagih El Masry, der inzwischen in Oswestry, einer Kleinstadt in den englischen Midlands, ein sehr bedeutendes Querschnittgelähmtenzentrum leitete. Der renommierte Spezialist inspirierte Dr. Kalke, fortan der Paraplegiologie treu zu bleiben. Als Dr. Kluger 1999 das RKU verließ, wurde Dr. Kalke zu seinem Nachfolger als Leiter des Querschnittgelähmtenzentrums ernannt. Das Zentrum wird seither auch als „Sektion Querschnittgelähmte der Orthopädischen Klinik Ulm“ bezeichnet.
Durch die Einbindung in diese Klinik mit ihren personellen und technischen Möglichkeiten sowie die Zugehörigkeit zum Universitätsklinikum Ulm können dort heute alle Therapiemöglichkeiten und diagnostischen Verfahren angeboten werden, die in der modernen Behandlung Querschnittgelähmter eine Rolle spielen.
Im Laufe der Jahre konnte das gesamte Leistungsspektrum des Querschnittgelähmtenzentrums wie folgt ausgedehnt werden: Operative und konservative Akutversorgung von querschnittgelähmten Patienten jeden Alters mit komplettem und inkomplettem Lähmungsbild aller Lähmungshöhen einschließlich der Beatmungspflicht. Hierzu gehört auch die Behandlung der Blasenund Mastdarmlähmung sowie die Behandlung von Begleitverletzungen und -erkrankungen bzw. von Folgezuständen bei angeborenen Fehlbildungen wie der Spina bifida.
Dabei wird mit sämtlichen Kostenträgern wie den gesetzlichen Krankenkassen, den Privatversicherungen, den Berufsgenossenschaften, dem Versorgungsamt oder sonstigen Trägern zusammengearbeitet. Alle unfallbedingt querschnittgelähmten Patienten können behandelt werden, bei denen es etwa bei der Arbeit, im Verkehr, beim Sport, beim Baden oder durch einen Selbstoder Fremdtötungsversuch zur Querschnittlähmung gekommen ist. Ebenfalls können alle Patienten behandelt werden, bei denen die Querschnittlähmung erkrankungsbedingt aufgetreten ist, beispielsweise durch Entzündungen, degenerative oder gefäßbedingte Erkrankungen, Raumforderungen, pathologische Frakturen oder angeborene Erkrankungen.
Komplikationsbehandlung als Folge der Querschnittlähmung mit u.a.
- Konservativer und operativer Behandlung von Druckschäden der Haut.
- Behandlung von chronischen Schmerzzuständen. Behandlung von generalisierter Spastik.
- Austestung und Implantation von Morphin- und Baclofenpumpen.
- Behandlung von Gelenkfehlstellungen, Kontrakturen, knöchernen Verkalkungen, arthrotischen Folgezuständen. Osteoporoseabklärung mit medikamentöser und operativer Versorgung.
- Behandlung von Kreislaufproblemen.
- Behandlung von Abführproblemen.
- Syringomyelieabklärung und -behandlung.
- Skoliose- und Kyphosebehandlung.
- Konservativer und operativer Komplikationsbehandlung in Folge neurogener Blasenentleerungsstörungen.
- Abklärung von chronischer respiratorischer Insuffizienz.
Auftrainierungsmaßnahmen, Hilfsmittelabklärung, Druckmessplattenuntersuchungen und Check-up-Untersuchungen für Querschnittgelähmte im Rahmen der lebenslangen Nachsorge. Querschnittspezifisches Rollstuhltraining und Sporttherapie, durchgeführt seit 1986 von Dipl.-Sportlehrer Leopold Dejworek. Stationäre und ambulante querschnittspezifische Trainingsmaßnahmen mit dem 2014 akquirierten Exoskelett. Spezialsprechstunde für Querschnittgelähmte. Information und Beratung hinsichtlich Sexualität, Kinderwunsch, Schwangerschaft, Antikonzeption, psychologischer Betreuung, Reisemöglichkeiten, Hippotherapie. Information und Beratung hinsichtlich sozialer, sportlicher und beruflicher Reintegration.
Seit 1988 ist das Querschnittgelähmtenzentrum Ulm in dem Arbeitskreis aller deutscher Querschnittgelähmtenzentren vertreten, die in der zentralen berufsgenossenschaftlichen Anlaufstelle zur Bettenvermittlung für Querschnittgelähmte zusammengeschlossen sind. In halbjährlichen Abständen finden Treffen dieses Arbeitskreises zum Erfahrungsaustausch statt und es wird eine gemeinsame Statistik über sämtliche Behandlungsfälle geführt.
Sportlehrer Leopold Dejworek (r.) zeigt den Patienten, wie sie ihren Umgang mit dem Rollstuhl sowie ihre eigene Mobilität durch verschiedene Arten der Bewegung verbessern können.
Das Querschnittgelähmtenzentrum Ulm besteht nach zwei Erweiterungen mittlerweile aus drei Stationen mit insgesamt 48 Behandlungsplätzen und zwei Betten auf der Intensivstation. Die Patienten werden im Zimmerpflegesystem betreut. Ein überdachter Lichthof und die „Grüne Oase“ dienen als Aufenthaltsräume und Kommunikationsplätze.
Auf eine sehr persönliche, fast familiäre Atmosphäre, die den Patienten die Verarbeitung ihrer Lähmungsfolgen erleichtert, wird viel Wert gelegt. So finden regelmäßig Informationsnachmittage für alle Patienten und deren Angehörige statt. Themen sind neben der Aufklärung über die Querschnittlähmung auch Fragen wie Hilfsmittelversorgung, Krankengymnastik, Blasenentleerung oder Sexualität. Die sich anschließende Diskussion im kleinen Kreis erlaubt die Klärung all der Fragen, die man bei einer großen Teilnehmerzahl nicht stellen würde. So wird erfolgreich versucht, neben einem Maximalstandard in der medizinischen Versorgung als ganzheitlich medizinisch wirkendes Team die persönliche Note zu pflegen. Für viele Patienten bleibt ihre Teilnahme am Adventsfrühstück oder an der Weihnachtsvisite unvergessen. Die zahlreiche Teilnahme auch der „Ehemaligen“ an dem jährlichen, immer am letzten Donnerstag im Juli stattfindenden Sommerfest auf dem Gelände eines Segelclubs wird als Anerkennung der Arbeit des Querschnittgelähmtenzentrums gewertet.
Mittwochs wird eine Spezialsprechstunde für Querschnittgelähmte durchgeführt, die der Nachbetreuung der medizinischen Kontrolle im Sinne der lebenslangen Nachsorge dient, aber auch den bleibenden Kontakt zwischen dem Behandlungsteam und dem Patienten pflegt. Wöchentlich finden für das gesamte Behandlungsteam Besprechungen zur Therapie- und Belegungsplanung statt, regelmäßig werden zu den Stationsvisiten klinische Visiten im Bereich der Krankengymnastik, der Ergotherapie und der Sporttherapie durchgeführt. Ein rollstuhlgerechter Bus mit Hebebühne wurde über Spenden angeschafft, der für Angehörige nach vorheriger Einweisung für gemeinsame Unternehmungen mit dem Patienten benützt werden kann. Zwei behindertengerechte Appartements im RKU stehen den Patienten des Querschnittgelähmtenzentrums und deren Angehörigen am Ende der Spezialtherapie zum „Übungswohnen“ zur Verfügung, um eine optimale soziale Reintegration zu erreichen. Dr. Yorck-Bernhard Kalke ist Oberstarzt der Reserve bei der Bundeswehr. Von 2010 bis 2016 war er Mitglied im Council der International Spinal Cord Society (ISCoS) und ist derzeit Mitglied des External Relations Committee der ISCoS. Im Jahre 2017 richtet er die 30. Jahrestagung der Deutschsprachigen Medizinischen Gesellschaft für Paraplegie (DMPG) aus. 2018 / 19 wird er Erster Vorsitzender der DMPG sein.
Der Autor dankt dem Sektionsleiter des Ulmer Querschnittgelähmtenzentrums, Herrn Dr. Yorck-Bernhard Kalke, für viele Gespräche, die für die Abfassung dieses Aufsatzes wichtig waren. Ebenso dankt er den vorangehenden Verantwortlichen für das Ulmer Querschnittgelähmtenzentrum, Herrn Dr. Patrick Kluger und Herrn Prof. Dr. Wolfhart Puhl, für Berichte aus dessen Anfangszeiten. Dem ärztlichen Direktor der Orthopädischen Universitätsklinik Ulm am RKU, Herrn Prof. Dr. Heiko Reichel, ist Dank geschuldet für die Überlassung wichtiger Berichte aus der Frühzeit der Ulmer Orthopädie. Der Geschäftsführer des RKU, Herr Matthias Gruber, verfolgte die Anfertigung dieses Aufsatzes mit freundlichem Wohlwollen.
Quellen
(1) Sag niemals nie! Wie sich die Ulmer ihre Universität ertrotzten. Gedenkschrift der Ulmer Universitätsgesellschaft. Autorin: Barbara Schäuffelen. Süddeutsche Verlagsgesellschaft, Ulm 2003.
(2) RKU – Rehabilitationskrankenhaus Ulm. 1984–1988. Umfassender Rechenschaftsbericht. Herausgegeben von der gemeinnützigen GmbH des Rehabilitationskrankenhauses Ulm, September 1989.
(3) 20 Jahre Orthopädie im Rehabilitationskrankenhaus Ulm. Festschrift anlässlich der Emeritierung von Prof. Dr. Wolfhart Puhl. Herausgegeben von der Orthopädischen Klinik mit Querschnittgelähmtenzentrum der Universität Ulm. Ulm, März 2005.
(4) RKU 30 Jahre Qualität. Gesichter und Geschichten des RKU. Festschrift zum 30-jährigen Bestehen des Rehabilitationskrankenhauses Ulm. Redaktion: Patrick Engelke und Dr. Elke Schuler. Ulm, 2014.